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Haschisch - So schmeckt der Orient

26.10.2020 12:02
von grow! Magazin
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Basiswissen

 

Seit Jahrtausenden begleitet Cannabis den Menschen. Dabei haben sich im Lauf der Zeit sowohl die Konsumformen als auch die Anwendungsgelegenheiten verändert. Sogar die genutzten Bestandteile der Pflanze waren nicht immer und überall gleich. Samen, Blätter, Blüten. Gegessen, getrunken, verräuchert. Spätestens vor rund 2000 Jahren entwickelte sich in den orientalischen Kulturen zwischen Indien, dem östlichen Mittelmeerraum und dem Maghreb eine kostbare Hanfspezialität: Haschisch. Das Harz aus dem die Träume sind.

In den Endprodukten aus den verschiedenen Orient-Regionen steckt bis heute eine Menge kulturspezifischer Handwerkskunst. Jede der traditionell hergestellten Haschisch-Sorten hat ihren individuellen Charakter, in dem sich die Seele ihrer Herkunft und Herstellung widerspiegelt. Etwas, das den meisten modernen, unter Kunstlicht auf Hochleistung und globalen Mainstream-Geschmack gezüchteten Grassorten fehlt. Aus diesem Grund ziehen eingefleischte Old-School-Fans immer ein Gramm gutes Hasch der doppelten Menge hochpotentem Klon-Weed vor. So auch ich! In Zeiten wie diesen, in denen für die meisten von uns die Versorgungslage prekär ist, die begehrten Buds und Harze außer Reichweite und die nahe bis mittlere Zukunft ungewiss erscheint, muss einstweilen der Gedanke daran reichen. Ich möchte euch heute auf eine Reise durch den Orient entführen und dabei einige bedeutende Anbauregionen vorstellen. Vielleicht ist dieser Vorgeschmack und die Schilderung meiner eigenen Erfahrungen Inspiration für die Zeit nach allen aktuell geltenden Beschränkungen …

 

Marokko

Auf dem europäischen Cannabismarkt dominieren seit Jahrzehnten marokkanische Harze. Von denen kommt wiederum die Mehrheit aus dem Rif-Gebirge, wo de facto semilegal Hanf angebaut und Haschisch hergestellt wird. Wie im übrigen Orient auch, regelt "Bakschisch" alle lokalen Bedürfnisse. Zwar sind in Marokko der Anbau, die Verarbeitung und der Konsum von Cannabis offiziell verboten, aber die Hauptstadt Rabat ist weit weg – und keiner der bisherigen Könige des Maghreb-Staates hat sich durch überschwänglichen Enthusiasmus in Sachen "Cannabusiness" hervorgetan. Das verwundert nicht, denn die Region am nördlichen Ende des Atlas-Gebirges ist traditionell arm. Nachhaltige Alternativen zu dieser Art des Broterwerbs gab es nie.

Bereits seit dem 19. Jahrhundert experimentierte eine interessierte, europäische Intellektuellenschar mit Harzen des gesamten Vorderen Orients und gründete Clubs für Gleichgesinnte wie beispielsweise 1844 den Pariser „Club des Hachichins“. Im großen Stil nach Europa gelangte marokkanisches Haschisch freilich erst in den 1970er Jahren. Die großflächige Verbreitung marokkanischen Haschischs war nicht zuletzt die Folge einer zunehmenden Anzahl mobiler Cannabisfreunde. Diese kamen vor Ort mit den leckeren Harzen in Kontakt – und brachten von ihren Reisen nicht nur die Kunde davon mit nach Hause. Der Boden war bereitet. Für mich selbst war Marokko der Beginn einer Leidenschaft für den Orient, nicht nur seiner Harze. Klar hatte ich daheim schon „Grünen“ geraucht, auch in Amsterdam. Von daher kannte ich ein paar gängige Sorten – wobei dieser Begriff schwammig ist, denn die Übergänge sind fließend. Die Bezeichnungen sind nicht nach Euronorm zertifiziert und geschützt, obwohl vermutlich jeder die so omnipräsente wie unpopuläre „Europlatte“ kennt.

 

Den Unterschied machte für mich der Genuss vor Ort. Damit entstanden Eindrücke, Erinnerungen und Bilder im Kopf, die von da an bei jedem Schmök Sputnik, Ketama oder Twisla zurückkehrten. Wie ich mit meinem Kumpel Achim bei unserem ersten Besuch am Grenzübergang in Ceuta abgewiesen wurden, weil sein Pass abgelaufen war. Aber auch, wie uns sofort danach, direkt an der Grenze, ein junger Typ 50 Gramm ganz passablen Zero (Deuxieme) verkaufte, die er mit Hilfe seiner Mutter über die Grenze schmuggelte. Wie wir beim zweiten Besuch in Tetouan übers Ohr gehauen und nur wenige Tage später in Chefchaouen dafür mit einem fairen Piece wunderbar dunkelgrünem und knetbarem Dope aus der Kategorie Dhahab Ketama entschädigt wurden. Oft, wenn ich mir ein Pfeifchen Grünen gönne, kehrt die eine oder andere Erinnerung zurück, und ich muss schmunzeln. Das Beste, was einem passieren kann, denke ich.

Je nachdem, wieviel Geld man ausgeben möchte, ist die Bandbreite marokkanischen Dopes extrem weit. Sie reicht von grob gesiebtem, sehr hellem Material mit recht hohem Pflanzenanteil, das mitunter nachgepresst werden muss, über mittelbraune Sorten vom Typ Zero, die beim Kneten langsam elastisch werden, bis hin zu fast schwarzen Harzen à la Sputnik, die man ebenso gut für Afghani-Ware halten könnte, wäre da nicht der typische Geschmack und der dezidierte Turn von exzellentem Marokk. Die Wirkungen der gängigsten Harze reicht von: „Ganz nett, und was machen wir jetzt?“ bis hin zu: „Ich geh' dann mal schlafen“. Man muss nur wissen, was man will.

Libanon

Als ich das erste Mal in einem Sammeltaxi den Kamm des Libanon-Gebirges (daher der Name des Landes) überquerte, und wir die Serpentinen hinunter ins Bekaa-Tal mit halsbrecherischer Geschwindigkeit nahmen, scannte ich die gesamte Landschaft nach Strukturen des Cannabis-Anbaus ab. Irgendwo mussten doch die Felder liegen, auf denen das Weed für die lokalen Haschisch-Spezialitäten heranreifte. Mein Blick schweifte über eine fruchtbare Hochebene, die von zwei Bergketten eingerahmt wird. Obstgärten, Weingüter, rote, von der Hitze verbrannte Erde.

Ich wurde trotz der atemberaubenden Schönheit der Landschaft in diesem einen Punkt enttäuscht. Eigentlich kein Wunder, denn libanesisches Haschisch verschwand bald nach dem Ende des blutigen Bürgerkriegs in den 1980ern fast völlig von der internationalen Bildfläche. Die Wildwestzeiten an der Levante waren vorerst vorbei. Zuletzt hatte es ohnehin nur noch mäßige Industrieware auf dem Markt gegeben. Das Geld kam nun aus anderen Quellen. Reiche Saudis hatten zwischenzeitlich die Vorzüge der weltoffenen und toleranten libanesischen Gesellschaft erkannt – und die Hauptstadt Beirut zu ihrem Ballermann erkoren. Dort ließ (und lässt) es sich trefflich in einer der zahlreichen Bars und Nachtclub feiern, während daheim für derartige Umtriebe eine Menge Ärger ins Haus stünde. Mittlerweile erleben die beiden Klassiker „Roter und Gelber“ Libanese ein kleines Comeback, aber den exzellenten Ruf früherer Libanon-Qualitäten erreichen diese modernen Produkte meist nicht. Hat man jedoch etwas Glück, kann man sich auf einen heiteren bis kräftigen Turn freuen, der einen geistig inspiriert und der seine Präsenz auch körperlich spürbar macht, ohne einen freilich an die Couch zu nageln. Es ist weder das massive Kawumm vieler afghanischer Harze noch das recht intensive High marokkanischer Qualitäten, die gutes libanesisches Hasch für mich attraktiv machen. Es ist vielmehr der insgesamt runde Turn, den ich schätze. Ein sanfter Punch und ein kräftiges High, welches einen beschwingt durch den Tag gleiten lässt.

Am Ende meiner Libanonreise hatte ich noch ein paar Tage in Baalbek, der Hisbollah-Hochburg und dem einstigen Zentrum des Cannabusiness nahe der syrischen Grenze, abgehangen. Ich besichtigte die Tempelanlage aus römischer Zeit, bekam genau eine Graspflanze zu Gesicht und schlenderte ein ums andere Mal durch den Basar der Kleinstadt, ehe ich endlich ein paar Gramm exzellenten „Roten“ ergatterte. Ein zunächst belangloses Gespräch in einer Teestube brachte schließlich den Erfolg. Ich erinnere mich, wie ich abends im Dunkeln vor den erleuchteten Ruinen der Tempelanlage saß und gerade mit einem kleinen Spliff fertig war. Außer mir war weit und breit niemand mehr auf der Straße. Da rief mir unvermittelt ein Mann aus ein paar Metern Entfernung ein paar Worte zu. Ob es mir gut gehe, wollte er wissen, oder ob ich Hilfe benötige. Ich bedankte mich höflich, versicherte ihm mein Wohlergehen. Er wünschte mir „Salam“ und ging weiter, während ich mich wieder der Betrachtung der wunderbaren Ruinenlandschaft hingab.

Libanesisches Hasch besaß nie eine große Bandbreite. Das ist auch heute noch der Fall. Im Wesentlichen erschöpft sich die Auswahl dabei zwischen Rotem und Gelbem/Blondem, wobei es auch Zwischentöne gibt. Es wird grundsätzlich gesiebt, nicht gerieben. In aller Regel ist dabei das gelbe Dope leichter in der Wirkung als das rote. Eher was für den Tag, wohingegen ein guter Roter durchaus das Zeug haben kann, das Karussell des Gleichgewichts in Gang zu setzen.

Afghanistan/Pakistan

Wohl keine Cannabis-Anbauregion der Erde ist so von Gewalt, Armut und Abhängigkeit geprägt wie die Gebiete Nordwest-Pakistans und Ost-Afghanistans. Opium und Cannabis haben als Heilmittel und sozial kontrollierte Freizeitdroge eine lange Tradition in diesem Teil Asiens. Die Pflanzen wachsen teils wild, aber für die kommerzielle Haschischproduktion werden sie auf Feldern kultiviert, die in den jeweiligen Stammesgebieten liegen.

Diese sind für Polizei und Armee quasi unzugänglich, da sie von Konglomeraten kontrolliert werden, die aus Hardcore-Jihadisten und kriminellen Narko-Banden bestehen. Seit einiger Zeit hat der Anbau von Cannabis in der Region den traditionell starken Opiumanbau überholt. Es rechnet sich einfach besser. Der Genuss der dortigen Harze geht oft mit einem deutlich wahrnehmbaren Stoned-Gefühl einher. Das bedeutet freilich nicht die Abwesenheit Sativa-artiger Turn-Elemente, im Gegenteil. Wirklich gute Haschischsorten lassen den Geist in Richtung Himmel schweben, während der Indica-Anteil den Körper auf dem Boden hält.

Tatsächlich erinnere ich mich an eine Begebenheit, die mir damals schlagartig die Potenz manch regionaler Produkte verdeutlicht hat. Im alten Basar von Peschawar hatte mich ein Typ angesprochen und in sein Büro eingeladen. Dort hatten wir auf dem Boden gesessen, grünen Tee getrunken und geplaudert, ehe er aus einem massiven, alten Tresor á la Panzerknacker ein faustgroßes Piece dunkelbraunes Dope gezaubert hatte.

Zwei Züge an einem Joint später hörte ich die Ausführungen meines Rauchpartners nur noch hallartig, während sich der Boden merkwürdig instabil anfühlte. Als ich meinen neuen Rauchkumpel ein Stündchen später wieder verließ, hatte ich als Geschenk ein kleines Piece von diesem Wunderdope in der Tasche. Es sollte mir ewig und drei Tage reichen.

Es existieren in der Region eine Menge kleine und kleinste Anbaugebiete, und nur wenige Haschischsorten werden im Sinne einer Regional- oder Qualitätsbezeichnung traditionell namentlich benannt. Eine dieser Ausnahmen stellt die Herkunftsbezeichnung „Mazar“ dar. Sie steht für ein exzellentes Dope aus der Region Balkh, das sich durch seine Stärke und seinen ausbalancierten Turn auszeichnet. Während sein Äußeres tiefschwarz ist, schimmert das Innere dunkelgrün bis braun. Auf der pakistanischen Seite steht „Chitral“ für eine traditionelle Anbauregion von sehr gutem, dunklem Cannabis.

Als günstige Alltagsvariante steht „Border“-Hasch zur Verfügung, von dem man sagt, der Name rühre von der verbreiteten Praxis des grenzüberschreitenden Handels. In der Regel erhält man ein Piece, welches homogen schwarz und recht biegsam ist. Hat man Glück, ist dies ein Harz, dass einen anständigen Body-Turn abliefert, ohne jedoch annähernd an wirklich gute Qualitäten heranzukommen. Hat man Pech, fragt man sich, ob nicht vielleicht eine kräftige Zigarette einen spürbareren Effekt gehabt hätte. Der entscheidende Punkt ist freilich der vergleichsweise hohe CBD-Gehalt afghanischer Cannabis-Produkte. Und der macht sich selbst bei unspektakulären Sorten wie „Border“ positiv bemerkbar. Ein Gefühl der Entspannung, das einen problemlos in die Lage versetzen würde, stundenlang den gedämpften Unterhaltungen in einer alten Teestube zu lauschen, ohne sich zu langweilen. Tausend und eine Nacht pur. Übertreibt man den Konsum jedoch, heißt es schnell gute Nacht.

Himalaya-Region

Die größte Vielfalt an Anbaugebieten und Harzen findet sich vermutlich in den Höhen des mächtigen Himalaya-Gebirges. Zwischen Kathmandu, Kullu und Kaschmir existiert traditionell ein gutes Dutzend legendärer Cannabis-Destinationen, die ihre individuellen Produkte herstellen. Im Unterschied zum Rest der Welt wird die Mehrheit an Harzprodukten von Hand gerieben und nicht über einem Sieb gedroschen. Dabei schwanken die Qualitäten beträchtlich. Die besten Resultate sind von seidenartiger Geschmeidigkeit und Fantasie-artigem High, während auf der anderen Seite der Skala brettharte Exemplare mit Turnfaktor „nahe null“ stehen.

Alles ist möglich, selbst innerhalb einer Anbau-Destination. Das resultiert aus der Kombination von vielen kleinen Anbauflächen, einer gewissen Menge mitverarbeitetem semi-wildem Hanf mit seiner Streuung an THC-Werten sowie einer zunehmend auf Masse getrimmten Haschischproduktion. Die Himalaya-Region kann indes mit ziemlicher Sicherheit als eine der Wiegen in puncto Cannabiskonsum gelten. Ganja (Gras), Bhang (essbare Kugeln mit Cannabis und anderen psychogenen Zutaten) und Charras (einfaches Haschisch) spielen schon ewig eine Rolle bei religiösen Ritualen. Sie sind von keiner anständigen Hochzeit wegzudenken. Und sie spielen selbstverständlich eine Rolle als populäre Freizeitdroge.

Waren es früher Maharajas und Mogule, die dem Stöffchen frönten, so ist Haschisch heute quasi in jeder indischen Stadt erhältlich. Tatsächlich ist es fast egal, wo genau in Indien ich meine Tola (etwa 11 Gramm) Manali, Parvati Gold oder Malana Cream konsumiere. An welchem der zahllosen zeitlosen Orte, die den riesigen Subkontinent kennzeichnen. Ob auf einer Beachparty mit Kumpels in Goa, mit ein paar Sadhus (Wanderasketen) in der heiligsten und ältesten aller Städte, Varanasi, oder ganz allein auf einer Hausbootveranda in Kaschmir. Das Ergebnis wird in jedem Fall „berauschend“ sein.

Es war ein lauer Abend im rund 2000 Meter hoch gelegenen Dorf Vashisht. Ein Kumpel und ich hatten bei einem Typen eine Tola „Manali“ gekauft. Nun saßen wir auf dem flachen Dach unserer Herberge, schauten in den sternenklaren Himmel – und uns gegenseitig betreten an. Wir hatten bereits zwei Chillums (archaisches, indisches Rauchgerät) mit unserem neuen Dope geraucht und verspürten den Drang, dem Dealer am kommenden Tag das Rest-Piece an den Kopf zu werfen. Gut, dass wir es nicht taten, denn die übrigen neun Gramm der stangenförmigen Ware entpuppte sich als ausgezeichnet. Ein wenig „grün“ schmeckend, waren nur wenige Unreinheiten enthalten, und ein guter Teil davon lieferte einen runden Turn ab. Körperbetont, jedoch mit einer guten Prise Sativa-High, die uns in Heiterkeit versetzte.

Ganz oben auf Rauchers Wunschliste stehen so Geschichten wie „Malana Cream“, einer samtweichen Spezialität aus dem gleichnamigen kleinen Dorf, das in einem Seitental östlich der Stadt Kullu liegt, „Parvati Gold“, einer nicht minder leckeren Köstlichkeit aus dem noch weiter östlich von Malana gelegenen Parvati-Tal, nepalesische „Temple Balls“, die ebenfalls als ausgesprochen stark gelten und die dem Mythos nach so rein sein sollen, dass sie gerade gut genug für die Götter seien, und schließlich „Kaschmir“, eine traditionell starke und schwarze Kostbarkeit aus dem Kaschmir-Tal. Alle diese Spezialitäten werden in holländischen Coffeeshops, wenn sie denn mal erhältlich sind, für Preise zwischen 15 und 20 Euro pro Gramm verkauft.

Deckt man sich mithilfe eines lokalen Dealers in Manali oder Srinagar ein, kosten zehn Gramm irgendwas zwischen zehn und zwanzig Euro. Und wenn man das Glück hat, einem Bauern zu begegnen, der gerade etwas gerieben hat oder etwas verkaufen will, kann man mit Preisen rechnen, für die man das Dope in Amsterdam noch nicht einmal anschauen dürfte. Mittlere Qualitäten werden beispielsweise durch Dope repräsentiert, das einfach nur unter dem Namen „Manali“ oder „Charas“ verkauft wird. Charas wird überall in Indien in irgendeiner Weise hergestellt. Die Sonne knallt überall. Tatsächlich ist in ganz Indien während der letzten Jahre eine Art Cannabis-Industrie entstanden, die illegale, große Hanffelder betreibt. Sie versorgt auf fast industrieller Basis vor allem die einheimischen Hanffreunde mit allem, was das Herz begehrt.

Darunter auch mit günstigem Charas, der freilich mit den begehrten Top-Qualitäten wenig gemein hat. Im Gegensatz zu den „Cream“-Sorten sind in einfachem Gebrauchshasch nicht selten kleine Knospenteile oder gar Seeds enthalten. Die Konsistenz ist selten homogen. Am unteren Ende der südasiatischen Skala steht zum Beispiel „Jungle Hash“. Hierbei handelt es sich um lokale Wildpflanzen, die häufig, je nach Bedarf, abgerieben werden. Dabei kann man durchaus Glück haben, wenn man zufällig eine potente Wurst erwischt. Meistens jedoch wird man ein krudes Piece erhalten, dessen Geschmack kratzig ist und dessen Turn kaum über die Wirkung von mildem Gras hinausgeht.

Die Vielfalt an hochwertigen Haschisch-Varianten, die Unvorhersehbarkeit der exakten Ergebnisse beim Turn in Verbindung mit dem schieren Erlebnis dieser Wahnsinns-Region machen den Genuss von Himalaya-Harzen immer zu etwas ganz Besonderem. Einige Sorten dieser Region hauen einen vielleicht nicht so aus den Socken wie afghanische oder marokkanische Top-Qualitäten. Andere wiederum sind in der globalen Qualitätsrangliste ganz oben anzusiedeln, weil sie in Turn und Geschmack ihresgleichen suchen. In jedem Fall schmeckt man bei jedem Zug die Kultur, aus der sie stammen. Man schmeckt die kleinen Hanffelder, die in luftigen Höhen von Kleinbauern und Kleinbauerngemeinschaften bewirtschaftet werden. Man schmeckt die harte Arbeit des Haschisch-Reibens und man fühlt instinktiv: „Ja, so schmeckt der Orient“.

Es gibt noch eine ganze Menge anderer Länder bzw. Regionen, in denen auf irgendeine Weise Haschisch hergestellt wird. Darunter solche Exoten wie Kolumbien, Kirgisien und sogar Jamaika. Allerdings sind die jeweils hergestellten Mengen so gering, dass sie selten den internationalen Markt erreichen. Daneben experimentieren auch Grower in den klassischen Anbauregionen mit innovativen Verarbeitungsmethoden, wie z.B. der Ice-o-Lator-Haschgewinnung. Hybrid-Samen wandern rund um die Welt und deren Genmaterial findet Eingang in klassische Produkte.

In der Potenz teils massiv gesteigert, werden dann daraus mittels traditioneller Herstellung gefertigte Endprodukte, die unter neuen Fantasienamen wie „King Hassan“ oder „Sheherazade“ vermarktet werden. „Rifman“-Haschisch wäre solch ein Beispiel. Hierbei stellen niederländische Growexperten potente Seeds und technisches Knowhow beim Anbau zur Verfügung. Die Ernte und Verarbeitung erfolgen auf traditionelle Weise. Das Beispiel gilt in ähnlicher Weise für andere Anbauregionen, und die Resultate können sich sehen lassen. Allerdings bin ich in dieser Hinsicht Traditionalist. Ich bezweifle, dass es dasselbe ist, ob ich eine Parzelle mit optimierten Hybrid-Seeds aus dem Schrank einer Samenbank bestücke, oder ob ich auf den natürlichen Genpool einheimischer Strains zurückgreife und damit gleichzeitig ein Stückchen kultureller Identität bewahre – so wie es die Menschen des Orients seit Jahrhunderten bei der Haschisch-Herstellung praktizieren, zwischen Ketama und Kaschmir, zwischen Kairo und Kerala.

- Ali -

Dieser Artikel stammt aus der grow! Ausgabe 4-2020.
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