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Haschisch: Teil 3 - Marocco
Marocco
Da über 80 % des in Europa konsumierten Haschischs aus Marokko kommen, wollen wir uns in dieser Ausgabe schwerpunktmäßig damit auseinandersetzen. Neben den Herstellungsmethoden bzw. Anbauorten – und daraus resultierenden Qualitätsunterschieden – berichten wir unter anderem über Streckmittel, aktuelle Preisgestaltung sowie die gegenwärtige Politik des marokkanischen Königs Mohammed VI.
Das in Nord-Marokko gelegene Rif-Gebirge gehört neben dem Himalaja zu den bedeutendsten Anbaugebieten von Haschisch überhaupt. Unter natürlichen Voraussetzungen, d. h. durch die intensive Kraft der Sonne sowie geringeren Sauerstoffgehalt entwickeln Hanfsorten im hohen Gebirge wesentlich höhere THC-Gehalte als beispielsweise in Mittelgebirgen oder gar im Flachland. Egal, wo auf der Welt Cannabis des THC-Gehaltes wegen angebaut wird, herrscht dort unter natürlichen Bedingungen ein Gebirgsklima. Dabei eignen sich die in Äquatornähe gelegenen Gebirge (z. B. Blue Mountains auf Jamaika oder das Kardamom-Gebirge im süd-indischen Kerala) zur Marijuana-Produktion und die nördlicheren Gebirge, wo es im Winter Temperaturen unter 0 Grad hat, zur Haschisch-Produktion.
Auch ein niederländischer Indoor-Anbauer macht im Prinzip nichts anderes, als mit Lampen sowie CO2-Techniken ein Hochgebirgsklima zu simulieren. Vergleiche zwischen Haschisch und Indoor-Marijuana zeigen, dass die THC-Werte von Gras zwar fast an die von gutem Haschisch herankommen, aber der größte Vorteil von Haschisch ist und bleibt: Jedes Dope (außer Skuff) hat die echte Sonne gesehen. Da nicht alle marokkanischen Rif-Bauern ihre Felder auf dem gleichen Niveau über dem Meeresspiegel haben und nicht alle Felder auf der gleichen Achse zur Sonne ausgerichtet sind, sind Qualitätsunterschiede unabhängig von den nachfolgenden Verarbeitungsmethoden vorprogrammiert. Zudem spielt das Wetter eine entscheidende Rolle – ob und zu welcher Zeit Regen fällt. Ein Gewitterschauer kurz vor der Ernte kann viele Harzdrüsen förmlich den Bach runterspülen. Bauer Abdeslam aus Bou Hamed, welcher seine Felder fast auf Höhe des Meeresspiegels hat, mag zwar keine Probleme bei der Bewässerung haben – ein kräftiger Gebirgsbach fließt direkt vorbei – aber er muss sich spätestens alle 2 Jahre neues Saatgut aus viel höheren Lagen besorgen, möchte er nicht, dass seine Qualität nachlässt. Würde er dies nicht machen, so wäre sein Haschisch innerhalb von 7 Jahren so gut wie wertlos, da sich Cannabis innerhalb von 7 Generationen seinen natürlichen (oder auch unnatürlichen – Indoor) Gegebenheiten anpasst – gute Bodenverhältnisse vorausgesetzt. Abdeslam ist somit im Prinzip genauso in einem Abhängigkeitsverhältnis wie ein anderer Bauer z. B. von Monsanto, was ihn einen Großteil seines eigentlichen Profites kostet.
Als Faustregel gilt: wer die am höchsten gelegenen Felder hat, der kann nicht nur die beste Haschischqualität herstellen, jener kann auch seine Samen am besten und teuersten verkaufen. Anders herum ist dies auch der Grund, warum höher gelegene Bauern in der Schweiz mit EU-konformem 0,3 % THC Faserhanf Werte von 1–2 % THC erreichen. Ähnliches gilt auch im Himalaya: Der heiligste Ort für indische Sadhus ist der auf ca. 3500 Meter Höhe gelegene Ort Malana, welcher nur über einen steinigen, 40 km langen Fuß-Pfad am Anfang des Pavatti-Tals erreichbar ist. Bei einer Tour ist ein ortskundiger Führer Pflicht. Und nicht jeder Tourist wird von einem Sadhu mit auf den heiligen Berg genommen, wo es Fremden streng verboten ist, Pflanzen anzufassen oder Fotos zu machen. Die alten Sadhus hingegen reiben dort nach jahrzehntelanger Erfahrung mit ihren Händen eines der besten »Charras« (handgeriebenes Haschisch) der Welt: »Malana-Creme«. 0,1 Gramm davon reichen aus, um 10 Leute rappeldicht zu machen. Nach 500 bis 800 kg sind die Felder in Malana abgeerntet. Nur selten gelangt davon etwas nach Europa. Kilopreise von bis zu 12.000,- € bezahlen Coffee-Shops in Amsterdam dafür. Solche Preise werden ansonsten nur gelegentlich für echte Nepal Temple Balls erreicht.
Die Kilopreise für den besten Maroc, den »Royal Twisla«, liegen zwar mit max. 9.000,- € deutlich darunter, schlechter als »Malana Creme« ist es aber trotzdem nicht. Einer bisher unbestätigten Legende nach soll König Mohammed VI. jedes Jahr persönlich ein paar Gramm davon herstellen. (Daher auch der Name »Royal«). Fakt ist jedoch, dass er sich – im Gegensatz zu seinem verstorbenem Vater Hassan II. – gerne im Norden Marokkos aufhält. War Hassan II. den Berbern im Rifgebirge gegenüber eher feindselig eingestellt, ist Mohammed VI. hingegen sehr beliebt, nicht zuletzt auch deshalb, weil die Berber – genauso wie ausländische Touristen – im Gegensatz zu früher nicht mehr ganz so scharfen Repressionen ausgesetzt sind. Er möchte den Tourismus in allen Teilen von Marokko fördern und da passt es nicht ins Bild, wenn Touristen alle Nase lang von Polizeikontrollen durchsucht werden, obgleich Polizei überall präsent ist. Touristen werden geschützt, wo es nur geht, was Marokko inzwischen zu einem sehr sicheren Reiseland gemacht hat. Was Diebstähle, Gewalttaten und Einbrüche angeht, weitaus sicherer als die Urlaubsländer Spanien, Italien oder Frankreich.
Das heißt aber nicht, dass es in Marokko keine ausländischen Gefängnisinsassen gibt. Wer mit einer größeren Menge Haschisch erwischt wird, landet auch dort im Knast. Auch werden jedes Jahr von den Behörden einige Felder medienwirksam vernichtet, was im Zuge internationaler Verbindungen den Status Quo aufrecht erhält. Den Haschischanbau ganz zu unterbinden, würde aber bedeuten, auf immense, für Marokko wirtschaftlich unverzichtbare Devisen zu verzichten.
Tausende Tonnen werden Jahr für Jahr nach Europa exportiert. Mit der jährlich hergestellten Menge von »Royal Twisla« verhält es sich aber eher ähnlich wie im indischen Malana. Von den am besten und höchsten gelegenen Feldern werden nur ca. 600 bis 900 kg pro Jahr erzielt. Selten kommt es zudem vor, dass Samen aus dem Himalaya verwendet werden. Vom Geruch sowie Geschmack erinnert dieses Hasch dann an Afghanen. Genannt wird es in Marokko »Pakistani«. Allerdings wird das Haschisch in Marokko nie mit den Händen gerieben, sondern die getrockneten Pflanzen werden immer ausgesiebt. Die geringere Luftfeuchtigkeit in Marokko macht die Pflanzen weniger klebrig als im Himalaya, was beim Abreiben mit den Händen sehr wichtig ist. Mitte bis Ende September beginnt im Rifgebirge die Ernte. Zumeist werden die Pflanzen dann auf den flachen Dächern der Häuser zu Bündeln gebunden, getrocknet und bis zum Winter eingelagert. Denn für sehr gute Qualitäten ist es wichtig, den Siebvorgang bei Temperaturen von unter 0 Grad Celsius vorzunehmen. In gefrorenem Zustand lassen sich die Harz-Trichome sehr viel besser und sauberer von den übrigen Pflanzenteilen trennen. Im Durchschnitt werden im Rif aus 1000 kg getrockneten Blüten ca. 50 kg Haschisch gewonnen. Dazu wird zunächst über eine Schüssel ein sehr feinmaschiges Sieb gezogen (z. B. solche Siebe, wie sie auch zum Siebdruck verwendet werden). Dann wird eine Pflanze genommen und ein- bis zweimal locker darauf geschlagen. Dabei entsteht – ausgegangen von 1000 kg Blüten – ca. 1 kg der besten Qualität, welche „»Twisla« – mancherorts auch »Sputnik« genannt wird. Auf einer zweiten Schüssel mit einem Sieb gleicher Maschengröße wird die Pflanze sodann 20- bis 30-mal feste ausgeschlagen. Hier liegt der Ertrag dann bei ca. 9 Kg pro 1000Kg, Handelsbezeichnung: »Zero«. Wird dieser »Zero« dann mit einem engmaschigeren Sieb ein zweites Mal ausgesiebt, wird das feinere Haschisch »Zero-Zero« genannt. Aus 9 kg hochwertigem »Zero« werden dann ca. 1 kg »Zero-Zero« und 8 kg etwas minderwertiger »Zero«.
Für die letzte und schlechteste Qualität werden die zuvor ausgeschlagenen Pflanzen ebenfalls über eine mit einem Sieb bespannte Schüssel gelegt. Darüber wird dann eine stärkere Plastikfolie gespannt, welche für mehrere Minuten mit Holzschlägern regelrecht ausgeprügelt wird. Zudem ist dabei die Maschengröße etwas größer. Dadurch entstehen – ausgehend von 1000 kg Grundmaterial ca. 40 kg »Standard«, auch genannt »Grüner Maroc«, halt so wie wir ihn als Kommerz-Dope kennen. Der Anteil an Pflanzenteilen wie z. B. Blättern ist dabei viel größer, da diese mit durchs Sieb fallen. Zunächst sind aber alle 3 Qualitäten ein sehr feines Pulver, das vor dem Konsum gepresst werden sollte. Erst durch den Pressvorgang platzen die Harzkügelchen auf, wodurch sie sich miteinander verbinden. Beim »Zero-Zero« reichen für das Pressen im Prinzip Daumen und Zeigefinger. Das Pulver lässt sich ganz einfach ohne Erhitzen und ohne viel Druck zu kleinen klebrigen schwarzen Würsten formen. Beim „Zero“ hingegen muss das Pulver schon mehr geknetet werden, damit es zusammenhält. Aber es lässt sich mit einiger Anstrengung auch noch von Hand formen. Bei uns wird diese Qualität oft als »Pollen« verkauft, wobei diese Bezeichnung irreführend ist, da sie eigentlich gar nichts mit männlichen Blütenpollen zu tun hat. Das Pulver wurde dann nur zu dicken Platten bzw. Würsten vorgepresst. Es hält dann zwar zusammen, sollte aber vor dem Rauchen nochmals in der Hand geknetet werden. Während beim »Zero« die Pressplatten nicht erwärmt werden müssen, ist eine Erwärmung der Pressplatten selbst mit hochwertigen Industriepressen beim »Standard« zwingend notwendig, da das Pulver ansonsten nicht zusammenhält.
Das Verhältnis von 1 kg »Sputnik« zu 9 kg »Zero« zu 40 kg »Standard« erklärt auch, warum »Standard« das häufigste Hasch auf dem Markt ist. Dabei unterscheidet man 2 Arten »Standard«, die auf unterschiedliche Press- bzw. Siebmethoden zurückzuführen sind: die in Deutschland und Holland weit verbreitete 100- bzw. 125-Gramm-»Standardplatte«, in welche oftmals der marokkanische 5-zackige Stern eingestempelt ist sowie der in Spanien öfter verbreitete 250-Gramm-»Eiermaroc«. Und jede Familie hat noch ihre eigenen kleinen Feinheiten. Daher ist Haschisch auch von der Vielfalt her mit Wein zu vergleichen. Der eine Winzer erntet seine Trauben ein wenig früher, dadurch schmeckt der Wein anders, als der vom Nachbarn. Ähnlich ist es beim Haschisch. Der Kenner kann zwar äußerlich Unterschiede feststellen, aber die Gefahr von Streckmitteln ist bei Haschisch, insbesondere bei »Standard« höher. Gute Qualitäten werden dagegen sehr, sehr selten verschnitten. Das gängigste Streckmittel ist Henna, es gab aber auch schon Mischungen aus geriebenem Gummireifen, Altöl, Sand und ähnlichem. Als weitaus krimineller sind jedoch Beimischungen von Heroin zu betrachten, die die Endkonsumenten bewusst in ein Abhängigkeitsverhältnis bringen sollen. Glücklicherweise ist Heroin in Marokko sehr teuer und auch wenig verbreitet, ansonsten würden diese Praktiken möglicherweise häufiger auftreten, mit dem Effekt, dass Kiffer, ohne es zu wissen, zu Heroin-Junkies werden.
Dennoch, über 99,9 % der marokkanischen Bauern strecken ihr Haschisch nicht und würden auch gar nicht auf die Idee kommen. Viel eher sind diese Praktiken auf europäische Geschäftemacher zurückzuführen, die den Bauern keine Platten abkaufen, sondern nicht gepresstes Pulver. Da es sich bei Haschisch um ein Schwarzmarktprodukt handelt, welches von keiner offiziellen Stelle überprüft wird, können Streckmittel nie ganz ausgeschlossen werden, zumal die folgenden Durchschnitts-Kilopreise (UVP ausgeschlossen) auf dem europäischen Markt im Vergleich mit dem marokkanischen deutlich höher liegen. Zahlt man in Marokko zwischen 180,- und 350,- € für ein Kilo »Standard«, so ist das Kilo bei uns selten unter 2.000,- € zu bekommen. Wer etwas von Haschischqualitäten versteht, bezahlt in Marokko für ein Kilo »Zero« ca. 800,- € (bei uns zwischen 4.200,- und 5.000,- €) und für »Zero-Zero« zwischen 1200,- und 1500,- € (bei uns zwischen 6.500,- und 9.000,- €). Im Touristenzentrum Chefchouen wird zumeist »Zero« als »Zero-Zero« verkauft. Den meisten fällt das aber gar nicht auf, da es immer noch besser ist als das, was es bei uns meistens zu rauchen gibt.
Oliver Becker
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Kommentare
Kommentar von Thomas Wendel |
War WIRKLICH ein Artikel der einen VIEL weiter gebracht hat , werde ich auf jeden Fall allen meinen Freunden zeigen
Genau das Gegenteil von dem ganzen wanna-be-Geklugscheise wie es 90% der Google Ergebnisse vortäuschen ...
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