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Was funktioniert besser? Stecklinge oder Sämlinge

08.03.2021 13:33
von grow! Magazin
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Growing

 

Die nächste Generation: Ist es besser, junge Pflanzen aus Samen keimen zu lassen oder Stecklinge, sprich Ableger, zu züchten?

Diese Frage wird mir verhältnismäßig oft gestellt und ich wundere mich überhaupt nicht darüber. Beide Vermehrungsarten haben ihre Vor- und Nachteile, die sich danach unterscheiden, was man für einen Anbauzweck verfolgt. Eine große Rolle spielt auch die Erhältlichkeit von Samen oder lebendigem Pflanzenmaterial. Alle Aspekte der Wahl zwischen Klonen/Stecklingen und Samen fasse ich im folgenden Artikel zusammen.

Verfügbarkeit

Ehrlich gesagt, stehen mir keine Forschungsergebnisse zur Verfügung, wie hoch der jeweilige Anteil an Growern ist, die Marijuana aus Klonen oder aus Samen züchten. Ich nehme aber an, dass das Züchten aus Samen überwiegt, und das offensichtlich dank ihrer leichteren Verfügbarkeit und Lagerfähigkeit. Im Internet und in spezialisierten Geschäften steht eine, so scheint es, unerschöpfliche Samenmenge von Marijuanasorten mit verschiedenen Parametern zur Verfügung. So kann man nach dem Inhalt der Wirkstoffe, Eignung für den Anbau unter der Sonne oder unter einer Lampe, Reifungsgeschwindigkeit, Einfachheit des Anbaus und vielen weiteren Kriterien eine geeignete Sorte auswählen. Sobald die Samen am Start sind, braucht man sie nicht unbedingt sofort zu pflanzen, sondern kann sie noch ein Jahr oder zwei aufbewahren, falls es notwendig ist. Im dem Fall, dass man aus Klonen züchten will, gibt es diesbezüglich sehr viel weniger Möglichkeiten. Erstens bräuchte man irgendeinen Klonverkäufer. Ob in Deutschland, Österreich, in der Schweiz oder sonstwo, man findet immer weniger Klon- als Samenverkäufer. Auch in dem Fall, dass man schon einen Klonverkäufer gefunden hat, trifft man auf eine viel geringere Auswahl an Sorten als im Fall der Samen. Das Anbauen von Mutterpflanzen und die Vorbereitung vom Schneiden der Klone ist bezüglich Raum und Zeit sehr anspruchsvoll. Gegenwärtig gibt es Tausende Sortenvariationen bei den Cannabissamen, und ein so breites Portfolio von Mutterpflanzen für den Klonverkauf aufrechtzuerhalten, ist nicht machbar und wäre ineffektiv. Logischerweise konzentriere ich mich auf die meistbegehrten Sorten. Die Stecklinge zu transportieren und am Leben zu halten, ist zudem viel schwerer. Obwohl die Verkäufer spezielle Verpackungen haben, in denen die Klone beim Transport geschützt werden, ist die Gefahr einer Beschädigung viel größer als bei Samen. Die Klone werden idealerweise schnell nach der Bewurzelung eingesetzt. Jeder Tag, an dem sie unter ungünstigen Bedingungen aufbewahrt werden müssen, kann ihr weiteres Wachstum negativ beeinflussen. Vom Standpunkt der Verfügbarkeit ist es also auf jeden Fall besser, aus Samen zu züchten.

Homogenität – Keine Pflanze gleicht einer anderen

Eine große Anzahl Samenproduzenten verkauft die einzelnen Samensorten mit einer Anzahl von Phänotypen. Sehr oft treffe ich auf mehrere Phänotypen, selbst in einer Verpackung mit nur zehn Samen. Während einige Züchter froh sind und sich über die Variationen im Growraum freuen, habe ich es viel lieber, wenn aus einer Samenverpackung völlig gleiche oder mindestens sehr ähnliche Pflanzen heranwachsen. Bei solchen habe ich große Hoffnungen, dass es sich auch um dieselben Chemotypen handelt. Wenn ich verschiedene Pflanzen anbauen will, suche ich mir verschiedene Sorten gemäß meiner eigenen Vorstellungen aus. Probleme mit zahlreichen Phänotypen entstehen leicht bei einer zu schnellen Einführung neuer Sorten auf den Markt, denn die Veredelung und vor allem die Stabilisierung der Sorte brauchen Zeit. Grower lieben Neuheiten und die Samenbanken bieten sie darum gerne an. Oft geht das aber auf Kosten der Stabilität einer Sorte. Wer jemals dieselbe Sorte von verschiedenen Samenproduzenten ausprobiert hat, konnte sicher unterschiedliche Parameter im Hinblick auf das Wachstum und die Wirkung erfahren. Wenn man z.B. die Sorte Afghan von drei verschiedenen Samenbanken gekauft hätte, könnte man (müsste aber nicht) drei verschiedene Sorten erhalten, und außerdem könnten in der Verpackung zusätzlich verschiedene Phänotypen sein.

Ich denke, dass die meisten Züchter keinen Grund haben, dieselbe Sorte von verschiedenen Lieferanten zu bestellen. Aber ich möchte damit nur darauf hinweisen, dass die Variabilität der Eigenschaften von aus Samen gezüchteten Pflanzen sehr groß sein kann. Viele Züchter, die aus Samen anbauen, finden mit der Zeit Gefallen an einer bestimmten Samenbank, die ihnen am meisten entspricht. Ich habe auch schon meine Lieblingsbanken, wo ich die Garantie auf eine hohe Keimfähigkeit und stabile Sorten habe.

Beim Züchten aus Klonen, sprich beim Schneiden von Stecklingen, kann man fast sicher voraussetzen, dass alle Pflanzen gleich aussehen werden, zur selben Zeit heranreifen und auf klimatische Bedingungen, Düngen und Anbaupraktiken allgemein in gleicher Weise reagieren werden. Alle Abnehmer in der pharmazeutischen und Freizeitindustrie verlangen konstante Ernteeigenschaften. Es ist so einfach: Wenn dem Patienten oder dem Freizeitanwender ein bestimmtes Cannabis entspricht, wird er das nächste Mal dasselbe kaufen wollen, nämlich so eins, das genauso gut aussieht und die gleichen Wirkungen hat. In der Konkurrenzumgebung ist derjenige am erfolgreichsten, der die Qualität auf einem stabilen Niveau hält. Sowohl beim Züchten aus Samen als auch aus Klonen ist ihre Herkunft wichtig.

Ich habe mit der Auswahl von Mutterpflanzen und der Klonproduktion langjährige Erfahrungen. Eine gute Mutterpflanze mit einer hochwertigen genetischen Ausstattung ist ein goldener Gral. Das sorgfältige Testen von Mutterpflanzen nimmt viel Zeit und Raum in Anspruch. Deshalb ist es für den Kleinzüchter ideal, wenn er Klone von jemandem auftreiben kann, der über so eine Mutter verfügt. Aus dem Klon kann er auch seine eigene Mutterpflanze heranziehen und autark werden. Meistens muss er sich aber für längere Zeit mit dem Anbau von einer oder zwei Sorten begnügen. Kommerzielle Züchter selektieren ihre Mutterpflanzen meist selbst und wählen solche aus, die genau ihren Anforderungen entsprechen. In einigen Ländern können Klone in spezialisierten Geschäften gekauft werden. Das ist ein riesiger Vorteil, weil man eine viel größere Auswahl von Sorten hat, als wenn die Klone bei Bekannten aufgetrieben werden oder man sie selbst züchtet.

Wer gerne und oft neue Sorten ausprobiert und sich auch für verschiedene Phänotypen von bestimmten Sorten interessiert, findet in Samen eindeutig die bessere Variante, und sie sind auch viel leichter erhältlich. Wessen langfristiges Ziel die Produktion von Material mit identischen Eigenschaften ist, der setzt bestimmt auf Klone.

Anbaugeschwindigkeit

Auch hier gibt es einen wesentlichen Unterschied. Die gut entwickelten Klone kann man direkt einpflanzen und schon während der ersten Woche ihr Blühen durch die Verlängerung der Nacht auf 11-13 Stunden in einem 24-Stunden-Zyklus hervorrufen. Bevor aus den Samen die Jungpflanzen entstehen, die mit Klonen vergleichbar sind, vergehen zwei bis drei Wochen. Beim Anbau unter der Lampe kann dieser Unterschied bedeuten, dass innerhalb eines Jahres aus den Samen eine ganze Ernte weniger zu erzielen ist. Die Jungpflanzen lassen sich natürlicherweise mit der Zeit vorzüchten, falls dafür Raum zur Verfügung steht und so die Anbaudauer verkürzen. Beim Anbau unter der Sonne wird dieser Unterschied natürlich verwischt, weil hier zwei oder drei Wochen nicht so eine entscheidenden Rolle spielen und die Samenpflanzen in den Frühlingsmonaten im Glashaus vorgezogen werden können. Es hat keinen Sinn, sich über automatische Sorten zu unterhalten, weil es hier nichts zu vergleichen gibt – man kann sie nämlich nicht klonen, also sind die Samen die einzig mögliche Variante. Im Hinblick auf die Erntemöglichkeiten während eines Jahres sind Klone eindeutig die bessere Wahl.

Anbauweise

Will man viele Pflanzen auf kleinem Raum anbauen? Beim Growen mit Klonen erhält man viel schneller ihre Form und Höhe. Aber auch hier muss die geeignete Sorte ausgewählt werden. Wer auf Samen setzt, muss auch aus der beschränkten Menge von Sorten auswählen, die sich für die Methode des Sea of Green am meisten eignen. Auf alle Fälle gilt, dass die Pflanzen aus Samen schon von Anfang an höher werden. Oft ist der Grund hierfür aber, dass sie unter nachteiligen Bedingungen mit wenig Licht oder großen Tages- und Nachttemperaturschwankungen vorgezogen werden. Bei den Klonen beginnen die lateralen (seitlichen) Zweige schon ein Stück über dem Anbaumedium, während bei Pflanzen aus Samen die erste Nodie höher liegt. Ich bevorzuge für den Outdoor-Grow Samen, bei denen ich nicht durch die Höhe des Anbauraums eingeschränkt bin und mich an einer hohen, buschigen Pflanze erfreuen und auch Sorten mit einem höheren Wachstum wählen kann. Beim Anbau unter der Lampe bevorzuge ich meist Klone, und beim Anbau einer größeren Anzahl von Pflanzen auf einer kleinen Fläche setze ich ausschließlich auf sie. Die Zugangsweisen sind aber unterschiedlich. Viele CBD-Züchter pflanzen unter der Sonne auf ihrem Feld und in ihren Glashäusern ausschließlich Klone, die ihnen einen zuverlässigen Gewinn von Cannabidiol sichern, was ihr Hauptbestandteil ist. Für Freude an verschiedenen Phänotypen ist, kurz gesagt, keine Zeit. Jedoch kann ich aus Rücksicht auf die Anbauweise nicht eindeutig sagen, was besser ist, Klone oder Samen, weil das bis zu einem bestimmten Maß auch an der gewählten Strategie liegt und manchmal an der zugängigen technischen Ausstattung.

Preisfrage

Der Marktwert des feminisierten Samens ist oft vergleichbar mit dem Preis eines Klons. Meistens sind die Samen aber billiger. Einige Samenbanken verkaufen die Samen für außergewöhnlich niedrige Preise und zum gleichen Preis, für den man einen Klon kaufen kann, lassen sich schon drei feminisierte Samen erstehen. Allerdings muss an diesem Punkt daran erinnert werden, dass im Falle der Klone schon eine fertige Pflanze gekauft wird, während man bei Samen noch nicht einmal weiß, ob alle keimen werden. Man weiß auch nicht, wie viele Pflanzen verkümmern oder einfach nicht so gut wie die anderen aussehen werden. Der vorteilhafte Preis ist allerdings auf der Seite der Samen. Das gilt natürlich nur für den Kauf von fertigen Stecklinge und nicht, wenn man über eigene Mutterpflanzen verfügt. Eigene Klone schneiden und bewurzeln lassen, ist am preisgünstigsten.

Ernte

Manchmal höre ich die Meinung, dass beim Anbau aus Klonen eine bessere Ernte gelingt. Unter „besser“ sollte man hier vielleicht „reicher“ verstehen: Aus demselben Raum gewinnt man mehr getrocknete Blüten. Ich kann diese Erfahrung nicht bestätigen. Ich erntete immer entweder hervorragend, durchschnittlich oder schlecht. Wenn die Ernte schlecht war, hing das meistens mit etwas vollkommen anderem zusammen als mit der Wahl der Klone oder Samen als Ausgangsmaterial. Die beste Ernte gibt es zu dem Zeitpunkt, wenn eine perfekte Anbautechnologie, eine hervorragende genetische Pflanzenausstattung und ein gutes Gärtnerteam zusammentreffen.

Das ist für diesmal alles. Ich hoffe, dass ihr in diesem Artikel nützliche Informationen gefunden habt. Zum Schluss verrate ich noch, dass ich hauptsächlich aus Klonen züchte, aber parallel auch Samen benutze.

Bis zum nächsten Mal, euer Mr. José

Dieser Artikel stammt aus der grow! Ausgabe 1-2021.

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