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Cannabis bei PMS und Einschlafproblemen: Interview mit Cannabis-Patientin Silke

14.01.2025 12:39
von grow! Magazin
(Kommentare: 0)
Medizin

Cannabis als Medizin

Cannabis bei PMS und Einschlafproblemen

Interview mit Cannabis-Patientin Silke

Wer als Patient medizinisches Cannabis ausprobieren möchte, hat es nicht leicht, einen Arzt oder eine Ärztin zu finden, die bereit sind, ein entsprechendes BTM-Rezept auszustellen. Auch dann, wenn die Kosten privat, also vom Patienten selbst, übernommen werden. Das Ganze wird noch schwieriger, wenn man in einer ländlichen Gegend wohnt, wo jeder jeden kennt und (aufgeschlossene) Ärzte Mangelware sind. Aus so einer Gegend, genauer gesagt aus einem „eher ländlichen Teil Nordrhein-Westfalens“, kommt Cannabis-Patientin Silke. Wir trafen sie zufällig auf einer Messe, kamen ins Gespräch und sie war bereit, ein Interview zu ihrer Geschichte als Cannabis-Patientin zu geben. Aus Angst vor Stigmatisierung bleibt sie auf ihren Wunsch hin anonym.

 

grow! Hallo, Silke! Wie lange nimmst du jetzt schon Cannabis als Medizin?

Silke: Seit drei Jahren ungefähr, seit Sommer 2020. Da war Corona. Ich weiß noch, dass ich da mit Maske beim Arzt war.

grow! Und wie bist zu dem Arzt gekommen?

Silke: Auf den Arzt bin ich tatsächlich durch die grow! aufmerksam geworden. Vorher hatte ich festgestellt, wie schwierig das eigentlich ist, dass so ein Allgemeinmediziner im ländlichen Raum mal offen dafür ist, Patienten Cannabis zu verschreiben.

grow! Hattest du das vorher schon bei deinem Hausarzt versucht?

Silke: Ich hab's halt nicht direkt bei meinem Hausarzt versucht, aber mich mit meinem örtlichen Apotheker unterhalten, wo ich sonstige Medikamente bekommen, und den ich etwas besser kenne. Der hat die Situation schon ganz realistisch eingeschätzt, was Cannabis-Verschreibungen angeht. Außerdem habe ich eine Geschichte bei einem Bekannten miterlebt, der selbst Krebs hatte und es während der Nachbehandlung ganz gerne verschrieben haben wollte. Ich hab mich damals auch beruflich um ihn gekümmert, während er etwas eingeschränkt war. Ich habe ihn zum Arzt gefahren und so weiter. Und da hat er mir dann auch erzählt, wie schwierig es sei, medizinisches Cannabis verschrieben zu bekommen und wie rigoros man ihn da abgewimmelt hatte.

grow! Obwohl er Krebspatient war?

Silke: Ganz genau. Er hatte zu dem Zeitpunkt schon mehrere OPs hinter sich und wollte ganz gerne seine morphinhaltigen Medikamente etwas reduzieren, die er für gewöhnlich gegen Schmerzen nahm, indem er Cannabis bekommt. Und die Hausärztin hat ihn dann mit der Aussage abgefertigt, dass er sich dann bitte CBD-Öl privat kaufen solle. Er hatte ihr gegenüber vorher erwähnt, dass er das auch schon mal probiert hatte. Der Ärztin war es in seiner Situation "zu heikel, mit THC zu experimentieren“.

grow! Echt wahr?

Silke: Ja. Sie hatte zwar vorher noch gesagt, dass er ihr doch gerne Literatur mitbringen solle, wenn er da Quellen zur medizinischen Verwendung von Cannabis habe. Die wollte sie sich mal anschauen, tat ganz interessiert. Da habe ich ihm noch alte grow!-Hefte mitgegeben, die er ihr auch gezeigt hat. Aber letztendlich war es sehr seltsam, dass sie sich gegen eine Verschreibung von Cannabis entschied und stattdessen lieber Opiate einsetzte.

grow! Und das hat dich dann direkt demotiviert, es auch auszuprobieren?

Silke: Ja, da dachte ich, was bringt es, meinem Hausarzt um ein Cannabisrezept zu bitten, wenn es selbst in einem so schweren Fall nicht unterstützt wird. Dann gehe ich doch lieber gleich zu einem Arzt/Ärztin, der/die THC-haltiger Medizin gegenüber offen eingestellt ist.

grow! Und sich vor allem auskennt.

Silke: Ja richtig. Sich auskennen und kein Problem damit haben. Und ich bin ja auch langjährige grow!-Leserin und hatte einen Artikel über einen solchen Arzt gelesen.

grow! Bei dem Arzt hast du dich dann gemeldet? Und das hat geklappt?

Silke: Ja. Da habe ich mich gemeldet und einen Termin ausgemacht für ein Aufnahmegespräch; bin hingefahren und dort hat er sich meine Diagnosen angehört. Und das war erst mal okay.

grow! Für welche Diagnose hast du Cannabis bekommen?

Silke: Da ging es eigentlich in erster Linie um eine Schlafproblematik, Rückenschmerzen und PMS (prämenstruelles Syndrom). Also mehrere Probleme, die mich schon regelmäßig betrafen oder betreffen. Ein Jahr später war es dann so, dass dieser Arzt zur Weiterverschreibung ein Attest bzw. eine Diagnose von einem Facharzt haben wollte, die möglichst aktuell sein sollte.

grow! Als Beweis dafür, dass du tatsächlich ein Leiden hast und das Cannabis zu Recht verschrieben bekommst?

Silke: Ja. Meine Leiden sollten ordentlich dokumentiert sein, woraufhin ich nochmal zu meinem Orthopäden gegangen bin, der mir mein Lumbalsyndrom bestätigt hat. Ich habe häufig wiederkehrende Schmerzen im unteren Wirbelsäulenbereich. Mal habe ich einen Hexenschuss oder kann mich nicht mehr aufrecht bewegen. Wenn ich mich körperlich etwas falsch bewegt, überanstrengt oder zu wenig sportlich bewegt habe, und das passierte schon des Öfteren im Laufe der letzten Jahre, dann habe ich starke Schmerzen und sollte immer hohe Dosen an Ibuprofen über einen gewissen Zeitraum einnehmen. Aber das vertrage ich ganz schlecht.

grow! Und das Cannabis hilft aber?

Silke: Das Cannabis hilft mir gut.

grow! Bekommst du das von der Krankenkasse bezahlt?

Silke: Nein. Das muss ich privat bezahlen.

grow! Warum das? Weil der Arzt das nicht will? Oder hast du nicht ausprobiert, ob es von der Kasse finanziert würde?

Silke: Ich habe das nicht ausprobiert, weil ich selber nicht glaube, dass ich bei meiner Krankheitsgeschichte eine Chance hätte, es bezahlt zu bekommen. Dafür bin ich nicht „ernsthaft“ krank genug bzw. habe keine Krankheit, bei der typischerweise Cannabis-Rezepte von der Kasse übernommen werden, so mein Eindruck. Oder ich müsste versuchen, nochmal einen anderen Arzt zu finden, der ganz konkret sagt: Wir ziehen das durch, ich stelle die Diagnose und argumentiere das gegenüber der Krankenkasse. Mein aktueller Arzt macht aber grundsätzlich nur Privat-Verschreibungen. Da ist gar nicht vorgesehen, dass die gesetzliche Krankenkasse irgendwelche Kosten trägt.

grow! Alles klar. Was kostet dich das Cannabis dann insgesamt? Wie hoch ist der monatliche Aufwand?

Silke: Mit Beratungsgebühr (jedes Mal 38 Euro), BTM-Rezeptgebühr (knapp 5 Euro), Versandkosten, den eigentlichen Preis für das Cannabis in der Apotheke von 9 Euro pro Gramm, komme ich auf einen Preis von durchschnittlich 14 Euro pro Gramm. Ich bekomme zehn Gramm im Monat.

grow! Also Kosten in Höhe von 140 Euro im Monat.

Silke: Genau, das mache ich jeden Monat so. Zudem verlängert sich so auch mein Status als Cannabis-Patientin alle vier Wochen, sprich, ich muss mich in dem Zeitraum immer telefonisch melden und ein Wiederholungsrezept bestellen, um im „System“ zu bleiben.

grow! Und die zehn Gramm reichen dir auch, oder musst du noch irgendwo dazukaufen?

Silke: Mir reichen die zehn Gramm, weil ich nur abends rauche bzw. vaporisiere. Meistens rauche ich jedoch kleine Pur-Tüten, weil ich das so gewohnt bin und auch, weil es mir einfach besser gefällt.

grow! Besser als mit dem Vaporizer?

Silke: Ja, es macht gewissermaßen mehr Spaß. Aber im Winter habe ich auch immer so meine Hustenproblematik, dann verwende ich mehr den Vaporizer, weil ich möglichst auf Tabak verzichten will.

grow! Und welchen Vaporizer hast du?

Silke: Ich habe so einen kleinen Dynavap.

grow! Ach ja, so ein kleiner, den man mit dem Feuerzeug anheizt, dann klickt die Metall-Kappe und dann kannst du ziehen.

Silke: Ja, ganz genau. Der funktioniert auch super. Kein Problem. Aber wie gesagt, manchmal rauche ich auch kleine Pur-Tüten, dann ist es nicht so schädlich für mich wie mit Tabak.

grow! Du rauchst keinen Tabak mehr?

Silke: Nicht ganz. Aber wenig. Mal so, mal so. Kommt darauf an …

grow! Und wie wäre es dann, wenn es legal ist, würdest du dir dann das Cannabis selbst anbauen, oder es wie jetzt lieber aus der Apotheke beziehen?

Silke: Wenn es legal ist, würde ich durchaus schon mal so einen Versuch starten, das könnte ich mir gut vorstellen, ein oder zwei, drei Pflänzchen mal selber anzubauen. Aber ich würde trotzdem ganz gern weiter medizinisches Gras bekommen, aus dem einfachen Grund, dass ich da eine sehr hohe Qualität erhalte und mir sicher sein kann, sie auch konstant bekommen zu können.
Bei meinem gärtnerischen Talent und aufgrund mangelnder Erfahrung bin ich mir nicht sicher, ob bei meinen Anbauversuchen so viel rumkommen und ob es die nötige Qualität haben würde.

Auf der Straße, also auf dem Schwarzmarkt, zu kaufen, käme für mich gar nicht mehr in Frage. Das möchte ich nicht, das wäre mir zu unsicher.

grow! Aber hättest du noch Kontakte zum Schwarzmarkt?

Silke: Wenn ich mich darum bemühe würde, könnte ich einen Kontakt herstellen, so schwer wäre das jetzt nicht. Aber ich will das gar nicht mehr.

grow! Und was bekommst du für Sorten verschrieben? Sind das immer dieselben oder variiert das?

Silke: Ich bekomme schon seit langer Zeit immer dieselbe Sorte, einen Hindu Kush mit 20 % THC und 0,1 % CDB-Anteil.

grow! Das ist eine Indica, oder?

Silke: Ja, und sie hat wirklich eine gute Qualität, mit der ich gut zu Recht komme. Und ich ändere nicht so gern Systeme, die einmal gut laufen. Es bleibt also dabei.

grow! Sollte man ja auch nicht unbedingt. Nicht nur, weil man nach einem Wechsel der Sorte offiziell erstmal nicht Auto fahren darf … (siehe dazu den Artikel in diesem Heft)

Silke: Genau, da ich auch immer ein bisschen Angst um meinen Führerschein habe, bin ich auch ganz froh, dass ich mit meinen ganzen Dokumentationen immer auf der sicheren Seite bin. Hier auf dem Land bin ich auf den Führerschein angewiesen, und dass man ihn mir nicht einfach wegnehmen kann, beruhigt mich.

grow! Ja, als Patient mit entsprechendem Rezept kann man dir den Führerschein nicht so einfach wegnehmen. Vor allem, wenn du nur abends rauchst und anschließend ins Bett gehst, dürfte das ja überhaupt kein Problem sein.

Silke: Eben. Ich würde nie vorm Autofahren rauchen, ist nicht mein Ding. Also wenigstens sind sechs Stunden dazwischen, wo ich gut geschlafen habe, dann bin ich meistens wieder wach, stehe aber nicht gleich auf und fahre auch nicht gleich los. Also frühestens erst nach zehn Stunden, andere können das vielleicht auch viel eher schon gut hinkriegen, aber ich würde mich selber nicht sicher fühlen. Deswegen läuft es so bei mir.

grow! Kann ich mir vorstellen. Man hat ja als Gelegenheitsraucher unter Einfluss von THC eine andere Wahrnehmung, das kann irritieren und einschränken. Beides braucht man im Straßenverkehr nicht. Wenn man permanent raucht und auf einem bestimmten Level ist, kann das aber auch anders sein.

Silke: Ja, da ist bestimmt ein Unterschied. Ich bin das aber nicht gewohnt und will das auch nicht.

grow! Ist ja auch eine Kostenfrage. Wenn man zwei, drei Gramm am Tag raucht, muss man es sich auch leisten können. Bei 14 Euro pro Gramm kommen schnell einige Hundert Euro zusammen.

Silke: Das kann und will ich mir nicht leisten. Und dann weiß ich auch nicht, wie gut ich dann arbeitsfähig und alltagstauglich wäre. Wenn ich ein anderes Krankheitsbild und mehr Schmerzen oder so hätte, sähe es vielleicht anders aus. Aber so komme ich mit meiner Medizin ganz gut zurecht, sowohl was die Qualität als auch, was die Menge angeht. So wie ich es jetzt handhabe, passt es ganz gut.

grow! Und würdest du denn nochmal versuchen, deinen Hausarzt darauf anzusprechen?

Silke: Ich würde das dann doch nochmal in Erwägung ziehen, wenn es sich nächstes Jahr positiv mit der Legalisierung bzw. Entkriminalisierung entwickelt. Dann werde ich vielleicht nochmal das Gespräch mit dem Hausarzt suchen. Nur derzeit traue ich mich noch nicht so richtig, weil die Angst da ist, dass die Ärzte/Ärztinnen immer noch sehr konservativ und wenig offen sind für Cannabis sind. Aber mal sehen, wie es sich entwickelt …

grow! Hast du Angst, dass du von deinem Arzt als Drogenabhängige eingestuft wirst?

Silke: Ja, schon irgendwie.

grow! Sollte eigentlich nicht sein, aber sicher weiß man das ja nie …

Silke: Vielleicht sind Ärzte/Ärztinnen in Ballungsgebieten schon einen anderen Umgang mit medizinischem Cannabis gewohnt, aber eventuell ist das auch eine Fehleinschätzung von mir. Man muss es wohl einfach mal ausprobieren und schauen, was der Arzt oder die Ärztin dazu meint.

grow! Ja, das denke ich auch. Im schlimmsten Fall muss man zu einem anderen Arzt gehen. Dir vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!

Silke: Ebenso vielen Dank und dir und euren Leserinnen und Lesern auch alles Gute!

Dieser Artikel stammt aus der grow! Ausgabe 03-2023. Falls du diese Ausgabe nachbestellen möchtest, schau doch mal in unseren Shop.

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