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Bienvenido en Mexiko -Teil 1- Cancum / Quinoa Roo

25.08.2022 10:33
von grow! Magazin
(Kommentare: 1)
reise

 

Hahaha ... Der Kiffergott kriegt nix zu kiffen!
Das darfst den Frag-Haag-Fans aber nicht erzählen.
(Ein Freund per SMS)
Doch, genau das werde ich tun!
(Antwort)

 

CANCUN/BUNDESSTAAT QUINOA ROO – Da gibt man jetzt jahrzehntelang altklug Reise-Tipps für aller Herren Länder und ausgerechnet in Mexiko, einem Land das im Marihuana geradezu schwimmt, ereilt mich dann das Schicksal, welches ich immer versuche, meinen Lesern zu ersparen. Weil ich mich ja so gut auskenne ...

Aber der Reihe nach.

Ich gebe es offen zu, eigentlich wollte ich nach Südostasien dieses Jahr, Freunde in Thailand besuchen, nur am Strand abhängen und Buddha ein paar Wochen lang einen guten Mann sein lassen. Aber wieder mal machte mir, den dritten Winter nun, die vermaldeite Seuche einen gewissen Strich durch meine Rechnung. Nicht wie in 2020, als die ganze Scheiße anfing und ich fluchtartig Costa Rica verlassen musste, oder 2021, wo ich mit anfangenden Depressionen in Andalusien den deutschen Lockdown aussitzen musste/durfte. Diesmal waren es die unsäglichen Einreisebedingungen, die mich speziell von Thailand Abstand nehmen ließen. Drei PCR-Tests, Quarantänehotels, „Thaipass“ hier und „Sandbox“ da (so nennen sich die Thai-Urlaubs-Regelungen), und wenn man dann trotzdem irgendwie positiv ist, drohen zehn Tage „Einzelhaft“ in irgendeinem 150-Dollar-pro-Nacht-Isolationshotel mit täglichen PCRs für 80 Euro das Stück ... Nee, nee, nee ... Khopkhun krap, danke fürs Gespräch! Da konnte mich Thailand kreuzweise und ich machte mich auf die Suche nach einem Land, wo das Gras wächst und das Virus, dessen Namen ich eigentlich nicht mehr, außer im Zusammenhang mit Bier, in den Mund nehmen möchte, nicht die alles dominierende Frage bei einer Reise darstellt.

Und da kam ein kleiner Bericht im TV, der sich völlig herablassend damit beschäftigte, dass in Mexiko das alles irgendwie etwas weniger verbissen gehandhabt wird als in Deutschland oder gar in Thailand und dass es deshalb viele „Querdenker“ und sonstiges Gesindel in letzter Zeit dorthin verschlägt. Ich bin zwar kritisch in vielen Dingen, die zur Zeit geschehen, sehe mich aber sicher nicht als Querdenker (allein schon der Name ist bescheuert). Ich habe mich sogar zu zwei Schüssen hinreißen lassen, aber üble Nachrede im Fernsehen betrachte ich mittlerweile durchaus als Qualitätsurteil.

Aha! Mal schauen, was die Mexikanos so verlangen, wenn man ihr Land besuchen möchte. Um es kurz zu machen: Nichts, nada! Keine Impfung nötig, auch keine Booster, nicht mal ein Test, Null G sozusagen. Und so stieg ich vor drei Tagen aus dem bis auf den letzten Platz vollgepfärchten Flieger mit dem Kranich drauf und betrat erstmals in meinem Leben in Cancun mexikanischen Boden. Ich hatte ausnahmsweise mal nichts dabei, Mexiko ist ja völlig easy, so lernte und lehrte ich das jedenfalls bei Frag den Haag und musste die Erfahrung machen, dass man nicht immer Informationen aus zweiter Hand glauben sollte, jedenfalls nicht, wenn sie von Leuten stammen, die schon ewige Zeiten in Mexiko leben und für die alles normal und einfach ist. Für mich, als Greenhorn hier sozusagen, war es das nicht und anstatt eben erstmal zum berühmt berüchtigten Playa del Carmen zu fahren, wo zwar die Touristen abgezockt werden, es dafür aber alles gibt, war ich ganz schlau und buchte ein Zimmer im Puerto Juarez, einem Vorort nördlich von Cancun, wo es wenig Ausländer und schon gar keinen Trubel hat.

So weit so gut. Zwölf Stunden Flug plus zwei Stunden Zug in Deutschland plus Wartezeit im Airport, alles in allem fast einen Tag nicht gekifft – das ist für mich lange und unangenehm. Also schnell was besorgt, das ist ja so einfach hier. Aber schon in meinem Hotel, das ich in erster Linie wegen des rotäugigen Profilbilds des Chefs auf Facebook ausgesucht hatte, wurde ich schwer enttäuscht, denn mein Ansinnen beim Einchecken, ob er mir etwas Gutes besorgen könne, wies Octavio, so sein werter Name, mit Entschiedenheit zurück. In seinem Hotel will er nichts mit Drogen zu tun haben. Du kleiner Lügner! Ich sehe es den Leuten doch an, was sie heimlich treiben.

Nun ja, man kann nicht immer gleich Glück haben. Er hat vielleicht Angst um den Ruf seines Hotels, Touristen schwätzen viel, wenn der Tag lang und das Handy online ist. Ab in die Kneipe. Bestelle eine eiskalte Corona, wenn es auch ein Scheißbier ist, das musste sein und zwei Tacos für den nicht wirklich ausgeprägten Appetit ... Erstes Anzeichen von Abstinenz, definitiv. Wer ein Leben lang raucht, muss mit mit solchen Entzugserscheinungen leben. Okay, dann fragen wir mal den Kellner. He, muchacho! Nein, nein, er raucht nicht und kennt natürlich auch niemanden. So, so ... Octavio stand im Hintergrund, vielleicht deshalb. Dritter Versuch, der Barkeeper. Einen Mezcalito bitte und … ähhm ... eine Frage. Verschämter Blick, kurzes Überlegen: „Was? Mota (Marihuana) suchst du? No, no, senor, ich doch nicht. Nein, niemals und ich kenne auch ganz bestimmt niemanden ...“ Auch gelogen, ganz klar.

Es war schon spät inzwischen und ich betäubte mich mit zwei weiteren Tequilas und beschloss, auf weitere Versuche erstmal zu verzichten, stellte den Ventilator auf „Max“ und fiel erstaunlich schnell in erstaunlich tiefen Schlaf. So viel habe ich schon lange nicht mehr geträumt wie in dieser Nacht – einer der wenigen positiven Effekte des Marijuanaentzugs. Und am nächsten Morgen sieht die Welt dann gleich wieder ganz anders aus, sollte man meinen. Durchaus gutes aber völlig freudloses Frühstück bei einer Mutti an einem Straßenstand. Nächster Versuch (Nummer vier) bei einem Andenkenverkäufer, der am Nebentisch seine Suppe schlürfte. He, Kollege, könntest du mir vielleicht helfen? Der war jetzt echt überrascht über das Ansinnen dieses seltsamen Ausländers und schüttelte wort- und sprachlos nur den Kopf. So sei es. Nummer Fünf, der Taxifahrer der mich zum Geldautomaten chauffierte, war überhaupt nicht überrascht, als ich ihn mit meinem Wunsch konfrontierte, zeigte sich aber unkooperativ. Ein Spießer, das konnte man ihm gleich ansehen.

So langsam wurde ich nervös. Vielleicht doch mal das Internet bemühen? Stichwort „Cancun“ und Stichwort „Weed“. Aha! Was durfte ich da lesen? „THC Smoke High Shop“, irgendwo in Downtown. Na also, große Erleichterung. Die werden im Laden wohl nichts verkaufen, soweit sind sie auch in Mexiko noch nicht, aber allein schon aus Solidaritätsgründen doch sicherlich weiterhelfen, sprich einen Dealer vermitteln.

Den Taxifahrer auf dem Weg dorthin, fragte ich routiniert auch, aber obwohl der wie ein waschechter Mafiosi aussah, wollte er keine Geschäfte machen, und so betrat ich siegessicher die Nummer 8 auf meiner Liste, den THC-Shop, wo ein wohlgenährter Typ um die 30 sich hinterm Tresen fläzte und sich meine Geschichte und mein Begehr anhören musste. „Lo siento“, tut ihm leid, er darf mir da nicht helfen. Sein Chef und überhaupt und überall Kameras und noch zweimal „lo siento“ hinterher.

Oh fuck! Langsam war ich angepisst. Die Innereschweinehunduhr zeigte inzwischen locker 35 Stunden „ohne“, und da nennen sich diese Penner „THC Smoke High“. Etwas zu unfreundlich verließ ich das Geschäft. Vielleicht hätte ich fünf Bongs kaufen oder einfach 100 Dollar auf den Tisch legen sollen? Nummer 9 und 10 in meiner Horrorbilanz folgten kurz darauf in einer Straßenbar mit cooler Musik und jungen Leuten davor. Erst der tätowierte Barkeeper, dann der junge Kellner. Beide super freundlich, durchaus auch verständnisvoll, aber im Ergebnis negativ. Verfickte Scheiße. Mögen die mich alle nicht? Bin ich aus Versehen im Allgäu gelandet? Was geht denn hier ab? Taxi! Diesmal suchte ich mir ein altes aus, das fertigste, das ich finden konnte. Der Fahrer, Gonzalo, entsprach optisch dem Archetypus des Taxifahrers, der alles weiß und macht, wenn nur die Kohle stimmt. Ich war sicher, die Nummer 11 sollte mir endlich Glück, sprich Hanf bringen.

Und tatsächlich, Gonzalo zeigte sich interessiert. Er hatte sofort einen Preis parat, 50 Pesos (2,50 Euro) das Gramm, wieviel ich denn gerne kaufen würde? 100 Gramm? 250? Ein Kilo? „20 für die erste Woche“, war meine (wie sich herausstellen sollte bescheuerte) Antwort. Okay. Machen wir. Wir tauschten unsere Telefonnummern und Gonzalo versicherte mir, nach Feierabend, also so gegen 20 Uhr, den Stoff zu bringen. Hombre! Geht das nicht schneller? Das ist ja noch ein halber Tag, also eine Ewigkeit in meinem Zustand. Mal schauen, was sich machen lässt, er meldet sich jedenfalls sofort per Whatsapp. Garantiert. Die Stunden zerflossen wie Blei. Zäh, träge, schlecht gelaunt. Im Vertrauen auf Gonzalo unternahm ich keine weiteren Versuche, und so wurde es endlich 20, dann 21 Uhr und irgendwann war Mitternacht. Ich schrieb natürlich einige ungeduldige SMS, ja, ja, pronto, bald kommt er. Tat er nicht, wer hätte es gedacht? Arschloch. Die Nacht war dann richtig übel und ich schaute olympische Spiele im TV (Viererbob, was für ein Scheiß), weil ich nicht einschlafen konnte. Die 48-Stunden-hanffrei-Grenze war inzwischen locker geknackt.

Am Morgen dann same procedure as every day. Nummer 12, die ich ansprach, war ein langhaariger Bauarbeiter, an dem ich vorbeilief. Rein optisch ein Kiffer vor dem Herrn. Er war sehr freundlich und hätte mir gerne geholfen, aber leider, leider, wohnt er in Playa del Carmen, also weit weg. Er wünschte mir aber von ganzem Herzen viel Glück. Netter Typ, gleiche Wellenlänge – eigentlich. Der nächste, ich hoffe ich habe keinen ausgelassen, war wieder mal ein Taxifahrer, der immerhin jemanden anrief und fragte. Aber, leider, sorry, Gringo, geht nicht. Das war Nummer 13! Ihr macht mich echt fertig! Letzte SMS an Gonzalo: „Kommst du noch?“ Keine Antwort mehr. 20 Gramm war wohl zu wenig. Ich Idiot. Ich werde lange Zeit hier verbringen, da putze ich 100 Gramm locker weg. 53 Stunden waren es jetzt. So lange war ich das letzte Mal 2015 im Krankenhaus clean und davor anno 1993 in Indonesien.

Ab in eine Strand-Kneipe, Essen erzwingen, vielleicht hebt das die Stimmung. Die vermeintliche Kellnerin war keine Senorita, sondern ein – wie nennt man das korrekt? – Ladyboy? Auf alle Fälle tuntig ohne Ende und unglaublich freundlich. Die Shrimps schmeckten scheiße (alles schmeckt nach 53 Stunden scheiße) und mein/e kleine/r Kellner/in m/w/d (mann, ist das heutzutage alles schwierig) bemerkte sofort meinen fehlenden Appetit: „You don’t like?“, fiepste es ehrlich besorgt hinter seiner medizinischen Maske hervor: „Oh, I am so sorry for that!

„No es tu culpa“, das ist nicht deine Schuld, und dann erklärte ich ihm/ihr in kurzen klaren Worten, wo mein Schuh drückt: No Gras, no Spaß und Hunger schon gleich gar nicht. Hi hi hi, er kicherte wie ein kleines Mädchen, die Antwort gefiel meinem Freund offensichtlich, und ich spürte sofort, dass endlich die Wende bevorstand: Das ist doch überhaupt „ninguna problema!“ Dann nahm er sein Smartphone und telefonierte kurz. Eine Viertelstunde später saß ich wieder mal in einem Taxi, aber dieses Mal im richtigen. Emilio, der Fahrer, vom Aussehen her ein biederer Familienvater, vom Verhalten her Profidealvermittler, also ein Latino-Taxifahrer alter Schule.

Wir fuhren zwei, drei Kilometer nach Montealban, einen Stadtteil, der der ärmeren Bevölkerung vorbehalten ist und hielten unter einem Mangobaum, an dem ein besoffener Teenager rumkrakelte. Emilio verschwand mit 1000 Pesos, also 50 Euro und kam zurück mit drei Päckchen zu je etwa drei Gramm. Ok, das vierte ist wohl sein Gewinn. Scheißegal, mein Puls explodierte vor Freude, als ich endlich das Zeugs hatte.

Natürlich sofort ins Hotel, die OCBs lagen schon sehnsüchtig wartend bereit und nochmal genau nachgerechnet: nach 54 Stunden, 17 Minuten und 13 erfolglosen Versuchen war ich endlich in Mexiko angekommen!

PS: Wusste gar nicht mehr, wie geil Sativa sein kann.

Stefan Haag

Dieser Artikel stammt aus der grow! Ausgabe 3-2022. Wir veröffentlichen hier aus jeder neuen Ausgabe unseres Print-Magazins vier vollständige Artikel - erst als Leseproben, acht Wochen später als vollständige Texte, gratis für alle. Falls du diese Ausgabe nachbestellen möchtest, schau doch mal in unseren Shop. Alternativ findest du die Ausgabe auch als ePaper zum bequemen Lesen auf deinem Smartphone, PC oder Tablet.

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Kommentare

Kommentar von Peter |

Hahaha... Ist mir so oder so ähnlich auch schon öfters passiert. Dumme Sache! Wärst halt nach Playa del Carmen gefahren, da wird es dir hinterhergetragen.
Übrigens: Cancun schreibt man hinten mit "n" und nicht mit "m" (...)

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