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Interview mit Seeds of Africa

13.02.2018 15:54
von grow! Magazin
(Kommentare: 0)
sonstige
Es ist eine Landrasse! Interview mit Seeds of Africa

"Es ist eine Landrasse!"

Es wird allgemein angenommen, dass die Ursprünge von Cannabis irgendwo in Zentralasien liegen und es von dort aus mit den ersten Menschen, die den speziellen Nutzen dieser Pflanzen erkannt hatten und – wenn man so will – diese in gewisser Weise als heilig erachteten, in die Welt getragen wurde. Als sich die Menschen niederließen, Siedlungen gründeten und dort ihre mitgebrachten Samen anbauten, passten sich die Pflanzen von Generation zu Generation immer mehr an die örtlichen Gegebenheiten an und entwickelten sich zu den originalen Landrassen, von denen alle modernen Cannabissorten abstammen. Ironischerweise sind es die modernen Hybridsorten, die nun zu der größten Bedrohung dieser originalen Muttersorten werden.

Glücklicherweise gibt es einige engagierte Menschen, die auf der Suche nach den traditionellen Landrassen durch die Welt und in die entlegensten Gegenden reisen. Die Hanfsamenbank Seeds of Africa ist eine dieser strebsamen Firmen, die sich zur Aufgabe gestellt hat, die traditionellen afrikanischen Varietäten zu bewahren – bevor es zu spät ist.

grow! Wie und wann ist SOA gegründet worden und was hat zu dem Wunsch geführt, eure Sorten mit Menschen auf der ganzen Welt zu teilen?

SOA: Auf die Idee mit einer Landrassen-basierten Hanfsamenbank kam ich, als ich mir die Frage stellte: Wo sind all die tollen Sorten hin wie Thai Stick, Acapulco Gold, Colombian Gold, Congolese und so weiter? Sie sind heute nur noch eine entfernte Erinnerung. Mit dem heiligen Herb wurde in den letzten Jahren so viel herumexperimentiert, dass wir fast vergessen haben, wo die Wurzeln dieser gesegneten Pflanzen liegen. Wir begannen unsere Reise, als wir vor acht Jahren nach Afrika gezogen sind. Unsere Firma Seeds Of Africa wurde vor mittlerweile vier Jahren gegründet. Unser Wunsch, diese besonderen Sorten zu teilen, rührt daher, dass wir damit uns und andere an die besonderen Eigenschaften der Sativas erinnern und auf diese aufmerksam machen wollen. So wie wir das genetische Erbe unserer alten Nutz- und Nahrungspflanzen bewahren müssen, so müssen wir auch unsere „geistige“ Nahrung in Form der Landrassen erhalten.

grow! Was genau verstehst du unter einer Landrasse und warum sind sie so wichtig?

SOA: Eine Landrasse ist eine spezielle Sorte von Pflanzen, die sich an die Klima- und Umgebungsbedingungen ihres Lebensraumes angepasst haben. Es gibt Leute, die behaupten, dass Cannabis sativa über Indien nach Afrika gelangte. Andere sagen, dass es arabische Händler waren, die es im 12. Jahrhundert mitbrachten. Wieder andere sind der Meinung, dass es schon viel länger eigene Cannabissorten auf dem afrikanischen Kontinent gibt. Was auch immer stimmen mag, Tatsache ist, dass es viele unterschiedliche Klimazonen in Afrika gibt – und diese erstaunliche Pflanze hat sich in Form der unterschiedlichen Landrassen an alle angepasst. Durch natürliche Selektion entstanden Pflanzen, die mit lokalen Schädlingen, der Trockenheit und dem jeweiligen Klima klarkommen. Das macht sie so interessant und wichtig für uns, denn sie stellen einen variantenreichen Genpool dar.

grow! Da der afrikanische Kontinent so zahlreiche und unterschiedliche Lebensräume für Cannabis bietet, müsste sich das auch in der Sortenauswahl bei SOA widerspiegeln, oder?

SOA: Absolut! Wir haben Sorten im Programm, die sich an die sehr feuchten Bedingungen der tropischen Küstenlinie angepasst haben, während andere aus den kalten Bergregionen stammen.

grow! Cannabis-Landrassen sind immer bedrohter. Welcher Art sind die Gefahren, die ihnen das Überleben schwer machen?

SOA: Wir haben als Hauptbedrohung für die Landrassen die Kontamination mit Hybriden ausgemacht. Versteh mich nicht falsch, ich habe nichts gegen Hybride. Es gibt eine Zeit und einen Platz für alle Dinge, aber wenn ich daran denke, dass auf einem Feld, wo über Jahre lokale Sorten gewachsen sind, jetzt ein Feld voller kommerzieller Hybridsorten angelegt wurde, dann finde ich das sehr bedenklich. Auf diese Weise verschwindet die ursprüngliche Genetik und mit ihr die vielfältigen Eigenschaften, die sich im Laufe der Zeit in den unterschiedlichen Lebensräumen entwickelt haben. Ich finde, wir müssen die Vielfalt der Natur erhalten.

grow! Landrassen haben sich über einen langen Zeitraum entwickelt, in einem ständigen Kampf ums Überleben, bei dem am Ende nur die Stärksten übrig blieben. Und wie du sagst, sind dabei Resistenzen und Eigenschaften entstanden, die es ihnen ermöglichen, den örtlichen Widrigkeiten zu widerstehen. Habt ihr Sorten in eurem Katalog, die Trockenheit länger ertragen können oder die gegen Dinge wie Blütenfäule oder Schimmel resistent sind? Viele Züchter sind auch immer auf der Suche nach neuen Geschmäckern und Aromen...

SOA: Ja, wir haben Sorten, die solche Eigenschaften besitzen. Malawi Gold zum Beispiel widersteht Schimmel und Fäulnis und kommt in einem feuchten Klima vergleichsweise gut zurecht. Es hat ein fantastisches Ananas-Zitronen-Aroma mit einem Hauch einer würzigen Note. Coffee Gold und Pondo Mystic sind beide widerstandsfähig gegen Insektenbefall. Uns liegen Berichte von einer Farm vor, wo Spinnmilben und Blattläuse diese Landrassen nicht anrührten. Es ist beeindruckend wie Jah-Nature für jedes Problem eine Lösung findet. Die Pondo Mystic hat ein sehr starkes Zitrusaroma – sehr speziell, wie ich finde.

grow! Wie interessiert am Erhalten und Teilen dieser einmaligen Sorten sind die Grower, denen du bei deinen Reisen und deiner Arbeit begegnest?

SOA: Wir bekommen unterschiedliche Reaktionen von unterschiedlichen Stämmen und Generationen. Wir haben weise Stammesälteste getroffen, die über ein tiefgreifendes Wissen über das heilige Herb verfügen und die stolz auf ihre Pflanzen sind und die Samen für nichts auf der Welt hergeben würden. Wir trafen aber auch Stammesälteste, die überhaupt keine Ahnung hatten und die Samen einfach nur auf dem Feld aussäten und hofften, dadurch etwas Extrageld verdienen zu können. In der jüngeren Generation geht es den meisten nur noch um eine hohe Potenz. Sie wollen rauchen, was Stars wie Snoop Dogg rauchen. Und es ist kein Witz, aber selbst in entlegenen Bergregionen Afrikas ist dieser Trend zu spüren. Deshalb sprechen wir mit den Leuten und versuchen ihnen klarzumachen, wie wichtig die traditionellen lokalen Sorten sind und dass sie nicht durch moderne Hybride verfälscht oder gar ersetzt werden dürfen. Zum Glück sind viele der Stämme auf Tradition und Ursprünglichkeit bedacht und haben ein offenes Ohr für unsere Argumente.

grow! Welche logistischen Herausforderungen bringt das Arbeiten auf dem afrikanischen Kontinent mit sich, und welches ist das verrückteste Abenteuer, dass du auf der Suche nach neuen Landrassen erlebt hast?

SOA: Klar gibt es hier viele Aufgaben, die gelöst werden wollen. Doch es gibt kaum etwas, was sich nicht mit einem guten Fahrzeug, etwas Ortskenntnis, einem Paar guter Schuhe und dem nötigen Respekt vor den Menschen regeln ließe. Wir hatten einige gefährliche Situationen, als wir auf feuchten Sand fuhren und Flüsse durchqueren mussten. Auch zwei Flusspferde sind uns schon auf einer Straße entgegengekommen. Aber das ist alles nichts im Vergleich zu den mystischen Stammesältesten, denen wir manchmal an Orten begegnen, an denen wir das nicht für möglich gehalten hätten. Einmal tauchte ein grauhaariger Alter aus dem Nichts am Straßenrand auf, kam zu mir und zog mich fest, aber respektvoll am Arm. Er sah mir direkt in die Augen und fragte mich: „Magst du Medizin? Ich mag dich, also magst du Medizin?“. Als nächstes führte er mich zu einer unglaublichen Plantage voller Pflanzen. Und du kannst dir nicht vorstellen wie groß mein Grinsen war, als er mir einen Beutel in die Hand drückte und sagte: „Dies ist reiner Pondo...“ Wir fügten dem Namen noch das Wort Mystic hinzu, denn mystisch ist diese Sorte wirklich...

grow! Zur Zeit boomt überall auf der Welt der Markt für medizinisches Cannabis. Viele Züchter arbeiten fieberhaft an der Entwicklung neuer Sorten, die bei unterschiedlichen Krankheiten Linderung bringen sollen. Habt ihr Sorten in eurem Programm, die traditionell als Medizin eingesetzt werden und die über medizinische Eigenschaften verfügen, die sie aus der Masse an Sorten hervorheben?

SOA: Die Wahrheit über das medizinische Potential von Cannabis wurde lange versteckt und unterdrückt. Doch es ist in der Tat „the healing of the nations“. Und das Wissen über diese wertvolle Pflanze muss bewahrt und verbreitet werden. Ich bin zwar kein Doktor, aber ich kenne einige Leute, die Pondo Mystic bei Asthma inhalieren und es zur Schmerzlinderung verwenden. Es hat sativa-typische Eigenschaften wie die anregende und aufmunternde Wirkung. Swazi Gold ist nicht ganz so energetisch und hilft mehr bei Schlaflosigkeit und auch Schmerzen. Durban Magic ist eine Sorte, die von den Zulu-Krieger verwendet wurde, um sich vor Kämpfen Mut zu machen. Es dauert nicht mehr lange und das Wissen über die wahren Eigenschaften dieser kraftvollen Landrassen wird überall bekannt sein.

grow! SOA arbeitet hauptsächlich in Zentral- und Südafrika. Habt ihr Pläne, auch auf andere Regionen dieses Kontinents zu expandieren, auf der Suche nach noch mehr unbekannten Landrassen?

SOA: Ja, natürlich! Wir starteten sozusagen am Fuß Afrikas und gehen nun nach links, rechts und durch die Mitte und arbeiten uns immer weiter vor. Unsere Kontakte reichen mittlerweile über den ganzen Kontinent, sodass wir mit der Zeit die unserer Meinung nach allerbesten Sorten, die mit viel Hingabe und Liebe kultiviert werden, aufspüren können. Wir haben bereits einige neue Sorten, die wir bald auf den Markt bringen werden.

grow! Ich möchte dir danken, dass du dir die Zeit für dieses Gespräch genommen und unseren Lesern über deine interessante Hanfsamenbank und eure Arbeit berichtet hast. Was ist die beste Möglichkeit, um bei weiterem Interesse mit euch in Kontakt zu treten?

SOA: Ich bin derjenige, der sich bedanken muss! Es ist mir eine Freude, dir und den Lesern des grow!-Magazins von uns erzählen zu dürfen. Dir alles Gute und Respekt für deine Arbeit! Wer uns kontaktieren möchte, erreicht uns am besten per E-Mail (Adresse siehe unten). Aber bitte denkt daran, dass wir nur auf E-Mails in englischer Sprache reagieren können.

Professor Lee

Weitere Infos unter: https://www.seedsofafricastore.com

E-Mail: landraceafrica[at]gmail.com

Dieser Artikel stammt aus der grow Ausgabe 2-2015. Wir veröffentlichen hier aus jeder neuen Ausgabe unseres Print-Magazins vier vollständige Artikel - erst als Leseproben, acht Wochen später als vollständige Texte, gratis für alle. 

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