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Suchtforscher kritisieren Drogen-Scheuklappenpolitik der Bundesregierung

04.07.2019 15:02
von grow! Magazin
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Politik+Gesellschaft

Im sechsten „Alternativen Sucht- und Drogenbericht“, der Anfang Juni in Berlin vorgestellt wird, heißt es: „Diese zwiegespaltene, keinen rationalen oder gar nachvollziehbaren Regeln folgende Drogenpolitik ist nicht länger hinnehmbar.“ So beträfen 80 Prozent der im Vorjahr verfolgten 350.000 Drogendelikte Konsumenten selbst, es gehe um Kleinmengen für den Eigenbedarf.

Über 20 namhafte Suchtforscher kritisieren in dem Bericht die Drogenpolitik der Bundesregierung als „unglaubwürdig, schädlich und anachronistisch“ und fordern das Kabinett auf, den Posten des Bundesdrogenbeauftragten mit Wissenschaftlern statt mit Parteipolitikern zu besetzten. Der Leiter der Berichtskommission, Heino Stöver von der Frankfurter University of Applied Sciences, sagte: „Die parteipolitische Besetzung der Position der Drogenbeauftragten – bis vor Kurzem mit der CSU-Parlamentarierin Marlene Mortler – hatte eine Scheuklappenpolitik zur Folge: Drogenpolitik ist CSU-Politik.“ Mortler, die im Mai ins EU-Parlament gewählt wurde, habe Grundzüge moderner Gesundheitspolitik nicht verstanden, die müsse nämlich Betroffene und Experten miteinbeziehen. Als Vorbild führte Stöver die Schweiz an, da dort Kleinmengen auch harter Drogen nicht verfolgt werden und Konsumenten Pillen und Pulver straffrei auf Dosis und Streckmittel testen lassen können. Berlins rot-grüner Senat will als erstes Bundesland sogenanntes Drugchecking einführen. Stöver betonte, es gebe keine Hinweise darauf, dass dieses Angebot als Reklame für Drogenkonsum aufgefasst worden wäre. In Berlin plädieren selbst Drogenfahnder für eine Eigenbedarfsregelung bei harten Drogen; bislang gilt dies nur für Cannabis. Sie begrüßen zudem die Behandlung mit Diamorphin, die von Ärzten kontrollierte Abgabe medizinischen Heroins an Schwerabhängige. Mit Blick auf ein von der Bundesregierung angeregtes Tabak-Werbeverbot sagte Stöver: „Gute Idee. Jedoch sollte Werbung für E-Zigaretten erlaubt bleiben.“ Der thematische Schwerpunkt liegt im neuen „Alternativen Sucht- und Drogenberichts“ auf Tabak und Rauchen.

Quelle: Tagespiegel

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